|
Ihr Wolken, hemmt den raschen Lauf,
Ihr Sterne, flimmert sacht!
Leis geht das Tor des Himmels auf
In dieser heil’gen Nacht.
O Meer, erbrause hoch und laut,
Ihr Berge, neigt das Haupt
Vor dem, nach dem ihr alle schaut,
An den ihr alle glaubt.
Des Waldes Wipfel, neiget euch!
Verstreuet rings den Ruf,
Ihr Lüfte, Felsen, beuget euch!
Es naht, der euch erschuf.
Nur eins, nur eins liegt starr und tot,
Verachtet, Herr, Dein Licht -
Das Menschenherz in seiner Not
Und Nacht erkennt Dich nicht!
Verlassen steht Dein Bethlehem,
Verwaist der Liebe Thron,
Es führt zu breit und zu bequem
Der Weg nach Babylon.
Hier lockt mit ihren Schätzen all
Frau Welt, so weich, so lind:
Wer denkt noch an den armen Stall,
Ans allerärmste Kind?
Den Engelsang, den überbraust
Der Wollust Symphonie:
Der Sänger Saiten schrill durchsaust
Des Goldklangs Melodie.
Die ehre feil, der Glaube feil
Um schnöden Judaslohn;
Die Welt, die sucht ein andres Heil
Als Dich, der Jungfrau Sohn!
Drum fliehst Du aus der Städte Schwall
Zur armen Hirtenschar,
Dort grüßt Dich noch ein leiser Schall
Vom Glück, das einstens war:
Vom Glück, das einstens schimmernd lag
Auf einer gläub’gen Welt,
Vom Glück, das finstre Mächte Schlag
Uns neidisch hat zerschellt.
Umsonst! - Die Welt, so klug und alt,
Stürmt fort im Luftgebraus,
Ihr Tannenbaum glänzt leer und kalt,
Dich, Christkind, trieb sie aus!
So komm, Du Kindlein wunderbar
Zu uns ins Hirtenzelt,
Ach - klein und arm ist unsre Schar -
Auch uns verstieß die Welt!
O komm vom hohen Himmel her
Zu uns in heil’ger Nacht;
Hellfunkelnd steht der Sterne Heer,
Lautlos der Berge Macht.
Des Meeres Orgel braust und klingt,
Stumm liegt die Erde da,
Doch eine Engelstimme singt
Ein helles Gloria!
Franz Eichert 1857 - 1926
|